etw. aus dem Daumen saugen (WddU – ‚Daumen‘).
WddU – ‚Finger‘: „1500 ff.“
WddU – ‚Finger‘: „1500 ff.“
Das Phrasem wird in den Belegen folgendermassen verwendet:
Adelung: es von sich selbst her haben, und im engern Verstande, es erdichten
DWB – ‚Finger‘: hat mehr als éinen sinn […] es meint aber auch nahrung daraus saugen, nach alten überlieferungen sogar wissenschaft, kenntnis, weisheit daran saugen.
DWB – ‚saugen‘: hat mehr als éinen sinn […] es meint aber auch nahrung daraus saugen, nach alten überlieferungen sogar wissenschaft, kenntnis, weisheit daran saugen.
Duden 11 – ‚Finger‘: einen Sachverhaltfrei erfinden
LdSpR – ‚Finger‘: etwas ausdenken, erfinden, gewöhnlich von einer aus der Luft gegriffenen Behauptung
WddU – ‚Daumen‘: etw ersinnen, erlügen.
WddU – ‚Feder‘: als Journalist Nachrichten erlügen.
WddU – ‚Finger‘: eine Unwahrheit ersinnen
WddU – ‚Finger‘: etw unmöglich wissen können.
OLdPhras: -
Das Phrasem kommt in folgenden Textsorten vor:
Das Phrasem wird in folgenden sprachlichen Kontexten verwendet:
LdSpR – ‚Finger‘: „Die Redensart kann einmal zurückgehen auf die Substituierung der säugenden Brust durch den säugenden Finger, die ein uraltes Motiv der Sage, der Legende und des Märchens ist. So wird in der arabisch geschriebenen Chronik von Tabarî erzählt, Abraham habe, nachdem er von seiner Mutter ausgesetzt worden war, aus seinem Finger Milch gesogen, denn Gott hatte daraus die Nahrung fließen lassen, die das Kind brauchte. Ebenso wird von Moses erzählt, er habe aus seinem Daumen Milch gesogen. Diese legendären Wunderkinder können sich also wirklich ihre Nahrung aus den Fingern saugen, bei gewöhnlichen Sterblichen jedoch ist das unmöglich. Die Redensart kann zum andern auch zurückgehen auf den alten Volksglauben, nach dem der Finger, der in Blut oder in eine Zauberflüssigkeit getaucht und dann in den Mund gesteckt wird, Weisheit mitteilt; auch glaubte man, daß den Fingern, vor allem dem kleinen Finger, Mitteilungsgabe zukam. Die Redensart ist schon 1512 in Thomas Murners ›Narrenbeschwörung‹ belegt: || Das hat gethon das schedlich claffen | Des schelmens, der das hat erlogen, | Allein uß synen fingern gsogen. || In seinem ›Großen Lutherischen Narren‹ von 1522 findet sich der Vers (V. 2, 49): || Und ist erdichtet und erlogen | Dan ir habts uß den Fingern gesogen. || Seitdem ist die Redensart häufig in der deutschen Dichtung bezeugt, z.B. bei Fischart und Abraham a Sancta Clara. Bei Goethe heißt es: || Ihr meint, ich hätt mich gewaltig betrogen; | Hab's aber nicht aus den Fingern gesogen. || Die Redensart bietet also dem Verständnis keine Schwierigkeiten, andererseits reizte sie gerade zur Erklärung durch sekundäre ätiologische Erzählungen. Eine solche Erfindung ad hoc bietet das naturwissenschaftlich-jagdkundliche Werk von Johann Täntzer ›Der Dianen hohe und niedere Jagdgeheimbnuß‹ (1682). In seinem Abschnitt über die Bären und ›was Maße und Ursache solche an den Klauen saugen‹ gibt der Verfasser. eine Erklärung, »Woher ein bekand Sprichwort kommet«. »Solches muß ihn Gott in der Natur eingegeben haben, weil im Winter offters großer Schnee, daß sie nicht viel finden ... Deßgleichen saugen sie auch an den hindern Tatzen, und wan sie das saugen thun, so können sie artig Murmeln oder Knorren, umb der Sußigkeit halben, wan auch ein Bähr zahm ist, und man halt ihm eine Hand für, so nimt er sie fort in Mund, und sauget dran, welches einem nicht unsanffte thut. Daher kömt auch daß gemeine und wolbekante Sprichwort, daß man saget, ich habe es nicht aus den Fingern gesogen. Ergo wie die Bähren, den selbige können was auß die Klauen saugen ...« (I, S. 69). Es ist immerhin bemerkenswert, daß dieses Jägerlatein verschiedentlich auch zur wissenschaftliche Deutung der Redensart herangezogen worden ist (z.B. bei Göhring Nr. 96, S. 61).“
WddU – ‚Finger‘: „Nach alter Volksmeinung kann man Wissen und Weisheit aus den Fingern saugen; mit dem Schwinden dieses Glaubens wurde die Wahrheitsquelle zur Lügenquelle.“